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Hoffentlich haben Sie viel Geld für eine Dämmung parat

07.05.2024 Mischa Hauswirth

Im Baselbiet geht es nicht nur um das Verbot von Öl- und Gasheizungen. Ein Energieeffizienzwert will die meisten Hauseigentümer zwingen, ihre Liegenschaft energetisch zu sanieren. Das wäre sehr teuer.

Dass eine Mehrheit der Baselbieter Politik nicht davor zurückschreckt, de facto Öl- und Gasheizungen ab 2026 zu verbieten, sorgt zurzeit für heftige Debatten. Ein Punkt allerdings findet in der Öffentlichkeit bislang noch viel zu wenig Beachtung: Ein Ja am 9. Juni hätte zur Folge, dass ein Energiewert festgelegt würde, bei dem sehr viele Hauseigentümer ihre Gebäudehülle umfangreich dämmen müssten.

Das neue Energiegesetz sieht vor, dass «im Gebäudebereich bis zum Jahr 2050 der Heizwärmebedarf für bestehende Bauten auf durchschnittlich 40 kWh pro Quadratmeter Energiebezugsfläche und Jahr gesenkt werden» soll. Den meisten dürfte dieser Wert nichts sagen. Es geht um den Energiebedarf eines Gebäudes auf den Quadratmeter heruntergebrochen. Dieser Wert darf nicht verwechselt werden mit dem Stromverbrauch, der durch die Nutzung von Kühlschrank, Kochen oder Computer entsteht.

Gemäss einer Kalkulation des HEV Schweiz gibt es im ganzen Land 1 012 277 Einfamilienhäuser, 729 852 oder 72,1 Prozent haben Baujahr vor 1990. Das Problem: Liegenschaften aus den 1960er und 1970er Jahren weisen oft einen Wert von 200 kWh/m2 oder mehr auf; jene aus den 1980er liegen im Bereich von 150 bis 200; und jene aus dem Jahr 2000 irgendwo bei >100. Erst jüngere Bauten gehen Richtung 50 oder tiefer. Den Bereich von 40 kW/m2 erreichen Minergie-P-Häuser (bei denen sich die Fenster nicht mehr öffnen lassen) sowie Neubauten.

Tatsache ist: Von den rund 45 000 Wohngebäuden, die es im Baselbiet gibt, befindet sich nur ein kleiner Teil energietechnisch auf neuestem Stand. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Behörden die Hauseigentümer zum Handeln auffordern würden, sobald ein Wert von 40 kWh/m2 als verbindlich gilt.

Damit dieser gesetzliche Zielwert erreicht werden kann, braucht es nicht nur einen Wechsel des Heizungssystems, zum Beispiel von Öl auf Wärmepumpe oder Stückholzfeuerung mit Wärmespeicher. Es braucht auch eine entsprechende Gebäudeisolation. Eine Kostenaufstellung des HEV Schweiz gibt eine Idee davon, was da auf Hauseigentümer zukommen kann, wenn sie den Zielwert erreichen müssen. Die Berechnungen gehen auf knapp 270 000 Franken.

Wenn noch Photovoltaik (30 000 CHF), der Ersatz für Sanitär- und Elektroinstallationen sowie eine neue Küche und ein neues Bad dazukommen, zum Beispiel beim Kauf einer sanierungsreifen Liegenschaft, so verteuert das die Angelegenheit weiter – je nach Ausführung und Hausgrösse fallen da rasch zusätzlich über 50 000 CHF an.

Enorme Kosten zu erwarten

Nimmt man die heutigen Marktpreise für total sanierungsbedürftige Liegenschaften mit einem Kaufpreis von rund 500 000 bis 600 000 Franken, so wird klar: Junge Familien haben kaum mehr eine Chance, ihren Traum vom Eigenheim zu realisieren. Gilt es für sie doch, nicht nur den Kaufpreis zu stemmen, sondern auch die Zinskosten von Hypothek und Renovationskredit.

Bei den Banken sind die Anforderungen an die Kreditnehmenden höher geworden: Viele rechnen für die Tragbarkeitsanalyse mit Amortisationszinsen von 5 Prozent, hinzu kommen 1 Prozent des Kaufpreises für die Nebenkosten. Und auch der Eigenmietwert darf nicht vergessen gehen.

Für pensionierte Hauseigentümer ist es ebenfalls schwierig, nochmals in ihre Liegenschaft zu investieren, da sie bei der Bank oft keinen zusätzlichen Kredit erhalten. Es droht, dass sie am Ende das Haus verkaufen müssen, weil sie das Gebäude nicht auf 40 kWh pro Quadratmeter Energiebezugsfläche einstellen können.